Kurz vorm Ziel der zweiten Etappe

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Es war endlich soweit. Jetzt sollte das letzte Stück unserer zweiten Etappe gefahren werden. Abends wollten wir auf dem Camping-Platz am Nordkap sein, um dann am folgenden Morgen die Reise zu krönen.
Aber zuerst mussten wir uns noch von diversen Alkoholika verabschieden, da die Zollbedingungen von Norwegen leider bedeutend restriktiver sind als die von Schweden und Finnland. Nachdem wir noch einmal die ausgezeichneten Duschgelegenheiten des Campingplatzes Hetan Lomakyä genossen hatten packten wir den Qek zusammen und fuhren erst mal zur Rezeption. Dort wurden wir auch schon von einem grinsenden Besitzer empfangen, und Raffael trug die erste Palette Dosenbier hinein. Als ich dann mit der voll gepackten Maxi-Kühltasche kam wich das Grinsen schon einem leichten, aber gefassten, Staunen. Nur als ich wieder raus eilte und noch eine Palette Dosenbier herein brachte meinte ich seine Augäpfel ein kleines bisschen weiter hervortreten zu erkennen. Aber schnell hatte er wieder sein Lächeln gefunden. Und ich meine in seinen Augen gesehen zu haben, dass er nur darauf wartete, bis wir weg waren, um dann mit dem Kopf zu schütteln. Wie auch immer, die Herausforderung war gemeistert, und wir konnten unbeschwert unsere Reise fort setzen.

Nur tanken mussten wir noch. Die erste Tanke war günstig, mochte aber Raffaels Karte nicht. Als fuhren wir zur nächsten Tanke. Dort klappte alles mit der Karte. Zudem gab es dort auch ein Cafe, und wir beschlossen gerade noch das Frühstück anzuschließen. Und das war eine sehr gute Entscheidung. Genauso hatte ich mir ein Finnisches Bistro vorgestellt. Und Raffael fühlte sich an Kanada erinnert. Das ganze hat, kurz beschrieben, einen Truck-Stop-Flair. Einfache, aber rustikale Einrichtung. Der Kaffee kommt aus der Glaskanne von der Wärmeplatte. Und es gibt ein ausgewähltes Sortiment an kräftigen Speisen und Kaffeegebäck. Also gab es zum Frühstück Teilchen und 1 EUR Kaffee. Unterhaltungsprogramm inklusive. Geist und Körper gestärkt konnten wir uns nun wieder der Reise zuwenden.

Die Grenze war in einer halben Stunde erreicht, und, wie in dem ein oder anderen Forum beschrieben lief es genau so, dass es zwei Spuren gab. Eine für zollpflichtige Ladung, und eine für nichts zu verzollen. Besten Gewissens fuhren wir zur grünen Spur, und genau so, wie in den Foren beschrieben, interessierte sich niemand für uns. Ich wage sogar zu bezweifeln, dass überhaupt jemand im Zollhäuschen war. Aber besser so, und mit gutem Gewissen, als evtl. Ärger oder zumindest 4 EUR Zoll pro Flasche zu bezahlen. So ließen wir uns vom, mal mehr, mal weniger, mal gar kein, Regen durch Norwegen treiben, wo mittlerweile Bäume seltener und vor allem kleiner wurden. Mit steigender Höhe wurden es weniger Bäume. Ging es Berg ab wurde die Vegetation wieder dichter. So ging es hin und her, und manchmal kamen auch Häuser. Und manchmal kleine oder größere Teiche. Und noch einmal mussten wir feststellen, dass in Finnland zu übernachten genau das Richtige war. Denn Kautokeino war dann doch eher ein langweiliges Kaff.

So trieb es uns durch die karge Landschaft der Finnmark und bald folgte der Abstieg Richtung Küste. Das war dann der interessantere Teil der Fahrt. Zunächst führte uns die Straße an einem breiten Fluss vorbei, mit verstreuten Häusern an beiden Ufern. Dann wurde der Fluss schmäler und ein reißender Gebirgsbach stürzte in einer Klamm zu Tale, entlang unserem Weg Richtung Küste. Die Fahrt durch die Klamm war sehr Eindrucksvoll. Felsbrocken auf der Straße ließen zudem die Abenteuerlichkeit des Weges erahnen. So schlängelten wir uns also gemächlich ins Tiefland und waren auch bald wieder auf einer breiten Straße, gesäumt von üppiger Vegetation. Dann öffnete sich die Küstenstadt Alta vor uns.
Dort versorgten wir uns mit Brot, machten ein paar Bilder von den Gipfeln mit verstreuten Schneeflecken, und trödelten nicht all zu lange, denn es lang noch ein weiter Weg vor uns.

Reisebusse, eine Vielzahl an Wohmobilen und Wohnanhängern, sowie vereinzelte Tramper und erstaunlich viele voll bepackte Radfahrer ließen uns erahnen, dass wir nun auf der Zielgeraden zum Nordkapp waren. Aber von Alta bis zum Nordkap hatten wir immer noch gute 5 Stunden Fahrt vor uns. Da will ich gar nicht wissen wie lange man mit dem Fahrrad braucht.
Die Strecke ist allerdings schon eine sehr schöne. Schade, dass es regnete. Zumindest auf den letzten Kilometern hörte es dann aber auf zu regnen, und wir konnten die typische norwegische Fjordidylle genießen.

Das Nordkap liegt auf einer Insel (Magerøya), die durch einen Tunnel mit dem Festland verbunden ist. Und dieser Tunnel hat es in sich. Er ist 6,8 km lang,. Aber vor allem hat er ein Gefälle von 10% und führte uns 212 m unter den Meeresspiegel. Und dann wieder hinauf. Im Tunnel überholten wir auch einen Radfahrer, und ich stellte mir mit einem schaudern vor, drei Kilometer mit dem Fahrad in die düstere Tiefe zu rollen, und dann das ganze wieder steil Berg auf radeln zu müssen. Und es gibt kein Zurück, wenn man erst mal im Tunnel ist muss man es durchziehen.

Aber mit dem Auto ging das doch recht flott, und kurz nach 19 h erreichten wir dann Honningsväg.


Jetzt galt unsere ganze Aufmerksamkeit einen Campingplatz zu finden. Auf der Karte waren drei Campingplätze eingezeichnet. Den ersten fanden wir schon mal nicht, machten aber dabei eine kleine Runde durch Honningsväg und Nordkapp-Stadt mit Stadtbesichtigung. Der zweite lag etwas außerhalb von Honningsväg Richtung Nordkap, gefiel aber Raffael nicht so recht. Dann gab es noch den nördlichsten Campingplatz Europas, auf halber Strecke zum Nordkap. Also machten wir uns auf auch diesen zu begutachten. Je höher wir fuhren desto dichter wurde der Nebel, und ab und an regnete es auch. Nach kurzer Zeit schon begegneten wir dann einem Campingplatz-Schild, und dachten: aha, schön, schauen wir doch mal da. Es leitete uns vom direkten Weg ab nach Westen. Nach ein paar hundert Metern stand dann das nächste Schild, jetzt mit Kilometerangabe: 21 km bis zum Campingplatz! Das war uns dann doch zu viel, zumal wir die Strecke ja am nächsten Tag noch zwei bis dreimal fahren mussten. Allerdings waren wir jetzt auf einer endlos langen Straße im Nebel, ohne Möglichkeit mit dem Wohnwagen zu wenden. Also fuhren wir die nächste Haltebucht an, koppelten den Qek ab – das ist der eindeutige Vorteile des Qek, klein, leicht, handlich – wendeten das Auto und zurück gings, nachdem wir uns kurz im Schnee vergnügten.

Raffael biss die Zähne zusammen, und wir fuhren zu dem ersten Campingplatz, den wir gefunden hatten. Denn langsam wurde es spät, und für den Höhepunkt der Tour am nächsten Tag wollten wir doch auch einigermaßen fit sein. Das Einchecken ging flott und reibungslos, insbesondere da an der Rezeption ein Deutscher arbeitete, der nach kurzer englischer Konversation meinte: „Ihr hört euch an, als ob ihr deutsch redet. Reden wir doch deutsch, das ist doch einfacher.“
Der Qek stand, die Heizung war aufgedreht, und das Wlan funktionierte gar nicht. Also beschlossen wir nach einer erfrischenden Dusche nach Honningsväg zu fahren um ein Restaurant mit lokalen Spezialitäten zu suchen. Es gelüstete uns nach Meeresfrüchten.
Allerdings waren wir ja etwas spät an und die örtliche Gastronomie hatte bereits geschlossen.
Also konzentrierten wir uns auf die Hotels. Im ersten Hotel, das wir ansteuerten, meinte die Dame an der Rezeption, wir könnten zwar einen Tisch bekommen, es wären jedoch einige Reisegruppen da, und es könnte durchaus etwas eng werden. Sie empfahl uns das Schwesterhotel am Hafen „Scandic Bryggen“. Wir machten uns dann gleich auf den Weg dahin. Und mein Verdacht, das es sich um gehobene Gastronomie handeln könnte erhärtete sich beim Betreten. Aber was solls, das sollte schließlich der Höhepunkt der Reise werden, und das sollte doch auch gefeiert werden dürfen. Also fragten wir nach einem Tisch, und das war sogar ganz ohne Reservierung möglich. Die Empfangsdame war sehr freundlich und bestätigte uns in unserer Entscheidung.


Die Karte war dann der endgültige Beweis dafür, dass wir uns gehobene Gastronomie ausgesucht hatten. Und die Auswahl wurde uns leicht gemacht. Es gab eine Empfehlung des Küchenchefs, die sogar einen ausgesprochen guten Preis hatte. Zur Vorspeise gab es einen Krabben-Teller,

und der Hauptgang war Rentierfilet.

Das war genau das, was wir gesucht hatten. Etwas aus dem Meer und eine lokale Spezialität. Das Rentierfilet war mit Moltebeeren und Birnen angerichtet. Moltebeeren sind eine lokale Spezialität, die es nur in den arktischen Regionen gibt – mal abgesehen vom Rentier. Und extrem selten noch dazu. Das Essen war jede Krone wert, sehr delikat, und wir waren äußerst gut gesättigt und zufrieden.
Der Restaurantbesuch war zwar eine ungeplante, außergewöhnliche Belastung unserer Reisekasse. Aber dem Anlass angemessen, und verglichen mit den Preisen, die wir in Norwegen noch bei der ein oder anderen Gelegenheit bezahlen würden, eigentlich sehr Preiswert. Die Preise im „Scandic Brygge“ sind eigentlich ähnlich wie in guten Restaurants bei uns, also etwa im Gästehaus Albrecht, oder bei Hämmerle.
Zufrieden, wohl genährt und bestens belohnt für die Strapazen des Tages machten wir uns dann auf den Weg zum Qek, um uns für den nächsten Tag, und das Ziel unserer zweiten Etappe auszuruhen.